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Sebastian Singer braucht gute Nerven. Der Weinheimer Feuerwehrmann hat einen besonderen Ruf als versierter Einsatzfahrer am Steuer großer Fahrzeuge. Er hat einen scharfen Blick – und den Mut, im Notfall auch mal Gas zu geben. Oberbürgermeister Manuel Just und Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner standen, besser: saßen Sebastian Singer jetzt zur Seite, um sich ein Bild zu machen, wie schwer es die Feuerwehr in Weinheim manchmal hat, wenn es bei der Einsatzfahrt um Sekunden und Minuten geht – und um Leib und Leben. 

Zugeparkte Straße, vor allem in den Abendstunden, sind ein Problem der Feuerwehren landauf und landab. In Weinheim, wo viele Straßen nicht sehr breit angelegt sind, kann eine Einsatzfahrt zum Nervenkitzel werden. Davon machten sich OB Just und Torsten Fetzner, der auch Feuerwehrdezernent ist, nun ein eigenes Bild. Feuerwehrkommandant Bernd Meyer kennt sich schon gut aus; gemeinsam mit seinem Stellvertreter Ralf Mittelbach lotste er Sebastian Singer und seine prominente Besatzung aus dem Rathaus zu den kniffligen Stellen. 

Gemeinsames Fazit nach zwei Stunden Fahrt im Feuerwehrauto: Die Zustände müssen sich ändern, um die reibungslose und möglichst rasche Anfahrt der Brand- und Lebensschützer zu gewährleisten. 

Station eins an einem gewittrigen Sommerabend: Die Nordstadt, das Viertel hinter der Stadthalle. Schmale Straßen, viele Autos, sie sind oft sogar in beide Richtungen geparkt, verkehrswidrig versteht sich. Sebastian Singer muss sich in der Paul-Straße mit seinem Löschfahrzeug Zentimeter für Zentimeter eine Gasse bahnen. Im Ernstfall würde es brenzlig werden. Was tun? Die Feuerwehr hat für den Abend außer der Verwaltungsspitze auch die „Sheriffs“ des Gemeindevollzugsdienstes eingeladen. Wer eindeutig unzulässig parkt, wird aufgeschrieben. Klar ist aber auch: So klar ist es oft gar nicht, welcher Autofahrer für eine enge Stelle verantwortlich ist. Wer stand zuerst dort? Wer hat sich gegenüber aufgestellt? Die Verkehrsregeln schreiben vor, dass eine Fahrspur von mindestens drei Meter Breite bleiben muss. Das große Löschauto ist aber rund 2.80 Meter breit. Heißt: Eine Fahrgasse von drei Metern ist eigentlich schon zu knapp. 

Was aber gar nicht geht: Parken im Kreuzungsbereich, denn die Feuerwehrautos brauchen natürlich einen großen Wendekreis. Fünf Meter Abstand des parkenden Autos ist obligatorisch; das lernt man auch schon in der Fahrschule. In eindeutigen Fällen gibt es „Denkzettel“ und die Hoffnung, dass der Fahrer daraus lernt. 

Zweite Station: Das „Baumviertel“ der Weststadt zwischen Mannheimer Straße und Ahornstraße. Kastanienweg, Buchenweg, Akazienweg – auch dort wird es eng, wenn das große rote Auto kommt. Ein neu eingeführtes einseitiges Parkverbot hilft dort vor allem tagsüber. Dort, berichten Anwohner, ist das Problem tagsüber deutlich schlimmer als abends, wenn nur die Anwohner parken. 

Dritte Station: Die Wallstraße in Lützelsachsen. Die Einfahrt von der Weinheimer Straße aus ist unter Feuerwehrleuten berühmt-berüchtigt. Wenn dort rücksichtslos und in Richtung der Kreuzung geparkt wird, muss der Fahrer manchmal minutenlang rangieren; es können lebenswichtige Minuten werden. 

Vierte Station: Weststadt in der Nähe der Stadtwerke zwischen Breitwieserweg und Wormser Straße, also Fichte – und Humboldtstraße. Ein idyllisches Wohnviertel mit engen Straßen und – dafür – eindeutig zu vielen Autos. Auffällig aber auch: Die Stadt selbst hat an einigen Stellen vor vielen Jahren Verengungen eingebaut, die das Durchkommen erschweren. Und: Man sieht, dass fast keine Hofeinfahrt als Parkplatz genutzt wird. Die Höfe sind leer, die Straßen voll. 

„Das Thema ist komplexer als ich gedacht habe“, bekennt der Oberbürgermeister. Es sind nicht nur Falschparker, die ein Durchkommen verhindern. Einfache Lösungen gebe es keine. Er müsse, so der OB, immer wieder an die Sensibilität der Autofahrer und an den gesunden Menschenverstand appellieren. 

Da ist es leichter im „Gerberbachviertel“. Dort darf man gar nicht parken, außer an den ausgewiesenen Stellen. Wer es trotzdem tut, bekommt einen „Knollen“. Einige Autos sind trotzdem abgestellt worden, widerrechtlich. Da ist aber wenigstens die rechtliche Einordnung eindeutig. Interessant ist, wie viele Menschen mit schuldbewusster Miene aus einem Haus laufen, um möglichst rasch wegzufahren, als sie das Feuerwehrauto rangieren hören. 

Zurück am Feuerwehrhaus in der Bensheimer Straße folgt die Analyse. Das Problem ist erkannt: Es gibt zu viele Autos für den Parkraum. Die Anfahrt zum Einsatz wird immer schwieriger. Eine einfache Lösung für das ganze Problem gebe es nicht, da sind sich Just, Fetzner und Kommandant Meyer einig. Vielmehr müsse man sich die neuralgischen Punkte einzeln anschauen, um dann punktuell mit gezielten Maßnahmen – wie Parkverbot, gekennzeichnete Stellen oder sogar Einbahnstraßen – Abhilfe zu schaffen. Dies, so OB und Bürgermeister, sei eine dringliche Aufgabe. Man werde sie anpacken zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger. 

Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 17. August 2021