Seite wählen

Nehmen wir einmal an: Der Grundelbach schwillt auf seinem Weg zum Odenwald (er entspringt oberhalb von Trösel) zu seiner Mündung in die Weschnitz an der Weinheimer Peterskirche aufgrund eines Starkregens besorgniserregend an – und vielen Menschen sind nach den zurückliegenden Tagen genau diese Bilder im Gedächtnis – was passiert dann in Weinheim, wo der Bach ankommt? Können hier ähnliche Szenarien ereignen wie zum Beispiel im Ahrtal?

Das haben sich die Hochwasser- Experten im Weinheimer Rathaus jetzt auch gefragt, obwohl Weinheim in der öffentlichen Wahrnehmung kein Gebiet mit sehr hoher Gefährdung ist wie beispielsweise Heidelberg oder weitere Kommunen im Neckartal. Dennoch: Tiefbauamt und Feuerwehr sind auf der Hut; ohnehin – aber noch mehr wegen der Bilder aus den Überschwemmungsgebieten.

„Es gibt Ereignisse, auf die kann man sich nur schwer vorbereiten“, gibt zwar Feuerwehrkommandant Bernd Meyer zu Bedenken. Aber das Weinheimer Tiefbauamt, in dem der Hochwasserschutz angesiedelt ist, hat gemeinsam mit der Weinheimer Feuerwehr Vorkehrungen getroffen, um so weit gewappnet zu sein, wie es möglich ist, um die Gefahren zu minimieren.

An den neuralgischen Stellen gibt es sogar Pläne, die sich auf ein so genanntes Jahrhundert-Hochwasser beziehen. Das Land Baden Württemberg hat auch für das Stadtgebiet Weinheims Hochwassergefahrenkarten erstellt und ein Hochwasser-Alarmplan wird regelmäßig aktualisiert. Vor allem aber: Seit Jahren schafft die Stadt mit größeren Kanälen, Staukanälen und Regenrückhaltebecken immer mehr Raum für schnell anschwellende große Wassermassen. In den zurückliegenden etwa 15 Jahren wurde dadurch ein Stauraum – im Stadtgebiet verteilt – von fast 50 000 Kubikmeter Wasser geschaffen. Das sind rund 50 Millionen Liter, also circa 50 große Schwimmbecken voll. Jede Kanalbaumaßnahme steht seit Jahren unter dem Zeichen von Starkregenereignissen. Die größten Rückhaltebecken befinden sich am alten Güterbahnhof, in der Olbrichtstraße und am Hammerweg. Der Pegelstand in den Becken wird elektronisch registriert und wird vom Tiefbauamt aus überwacht. Ein gewaltiger Staukanal entsteht gerade im Neubaugebiet Allmendäcker.

Beispiel Grundelbach. Vom Odenwald her ist hier das Regenrückhaltebecken im Gorxheimer Tal der erste „Puffer“. Auf einen Inhalt von 95 000 Kubikmeter könnte das Wasser dort anschwellen, bevor es über die Ufer läuft. Das heißt auch: Im Fall einer sich anbahnenden Gefahr, wäre Zeit für weitere Maßnahmen, bis hin zu einer Evakuierung. Bevor der Bach in den Wohngebieten „Bannholz“ und „Steinbüchse“ für Überschwemmungen sorgt, könnte er sich im breiten Tal auf dem Sportplatz oder dem Waldschwimmbad entlasten.

Im Zeichen des Hochwasserschutzes steht auch die etappenweise Sanierung des Hauptkanals in der Grundelbachstraße, der von der Peterskirche aus in Richtung Waldschwimmbad wandert. Was für manchen Autofahrer in den vergangenen Jahren wegen der einhergehenden Straßenbaumaßnahmen vielleicht gewundert hat, erschließt sich in diesem Zusammenhang.

Seit über 20 Jahren nimmt die Stadt Abschnitt für Abschnitt diesen Kanalbau entlang der Grundelbachstraße und Müllheimer Talstraße in Angriff. Das Oberflächenwasser wird daher auch schon seit der Maßnahme in der Grundelbachstraße in den auf streckenweise 1.80 Meter Durchmesser erweiterten Kanal abgegeben  – und nicht mehr in den Grundelbach. Der Gerberbach durch das historische Altstadtviertel ist nur ein Abzweig des Grundelbachs und wird manuell gesteuert.

Ähnlich ist es mit anderen Odenwaldbächen, die in der Ebene jeweils größeren Raum vorfinden. Allerdings haben Tiefbauamt und Feuerwehr auch hier bei einem schlimmen Starkregen im Jahr 2016 die Erfahrung gemacht, dass Stauungen im Bachlauf zum Problem werden können. Daher appellieren Tiefbauamtschef Udo Wolf und Feuerwehrkommandant Bernd Meyer an die Grundstücksbesitzer, die Bachufer freizuhalten. Ein am Bach gelagerter Stapel Brennholz kann zum Problem werden, wenn er ins Bachbett gespült wird und dort für einen Rückstau sorgt. Das ergab damals in einem Fall eine kritische Situation. Einmal im Jahr nimmt sich das Tiefbauamt daher jährlich, gemeinsam mit dem Wasserrechtsamt, mehrere Kilometer Bachläufe zur Gewässerschau vor.

Die Feuerwehr selbst ist geschult und ausgestattet, um bei Hochwassereinsätzen helfen zu können. Eine unfreiwillige Übung absolvierte die Wehr übrigens vor ein paar Jahren bei einem Einsatz in Viernheim, also die Straßen dort unter Wasser standen. Laut Feuerwehrbedarfsplan sind alle Fahrzeuge auch für den Hochwasserschutz einsetzbar, zum Beispiel lassen sie sich mit Tauchpumpen ausstatten. Kommandant Meyer verweist auch darauf, dass die Feuerwehren im Ballungsraum Rhein-Neckar gut vernetzt und gut aufgestellt sind. Bei der Alarmierung setzt die Wehr auf Online-Dienste und die Medien, aber auch auf ein gut ausgebautes Sirenennetz. 28 solcher Warnmelder gibt es noch in Weinheim; und sie werden regelmäßig getestet.

Grundsätzlich gibt es in Weinheim laut den Hochwasser-Gefahrenkarten ein Gewässer der so genannten „ersten Ordnung“, das ist die Weschnitz. Hier ist das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig; in der Umsetzung sind die örtlichen Behörden mit ihm Boot, wie zum Beispiel deren Landesbetrieb Gewässer.  Gewässer wie das Sulzbächle oder der Landgraben, sind Gewässer zweiter Ordnung und liegen in der Unterhaltungslast der Stadt. Von der Hochwassergefahrenkarten werden dies ebenso umfasst.

Falls eine bedrohliche Situation eintreten sollte, gibt die Feuerwehr den Menschen weitere Empfehlungen mithilfe dieses Info-Blattes: https://www.bbk.bund.de/DE/Themen/Risikomanagement/Baulicher-Bevoelkerungsschutz/Schutz-vor-Naturgefahren/Starkregen/starkregen_node.html

(Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 22. Juli 2021)