Seite wählen

Clara aus der 9a will später Grundschullehrerin werden. Wenn sie sich heute so ausmalt, wie ihr Berufsleben später aussehen wird, weiß sie: „Der Unterricht wird digitaler werden.“ Amely, die eine Ausbildung zur KFZ-Mechanikerin anstrebt, weiß jetzt schon: „Ich werde ein Leben lang dazulernen.“ Und Lucas, der als Geologe bei der Deutschen Bahn arbeiten will, geht davon aus: „Mein Arbeitsfeld wird digital sein.“

Die drei Jugendlichen, die an der Friedrich Realschule in Weinheim lernen, wissen Bescheid: die Arbeitswelt wird digitaler, Berufe sind einer stetigen Veränderung unterworfen. Das kann Dr. Rainer Kuntz, Leiter des Bildungszentrums der  Freudenberg Gruppe und ein „alter Hase“ der Berufsausbildung, nur bestätigen: „Veränderungen in der Arbeitswelt gab es schon immer“, weiß er. „Der Unterschied zu früher ist, dass die Geschwindigkeit viel höher ist und fast alle Bereiche betroffen sind.“ Niemand könne im Arbeitsleben auf seinem einmal erlernten Beruf beharren.

Clara, Amely, Lucas und ihre Mitschülerinnen und -schüler trafen sich jetzt in der Turnhalle der Friedrich Realschule, um das diesjährige Projekt „Arbeitswelt im Wandel“ abzuschließen.
Der Start dieser Kooperation von Friedrich Realschule und Freudenberg Gruppe lag 2019 noch vor der Pandemie. Von Corona war noch keine Rede. Der pandemiebedingte „Digitalisierungs-Turbo“ war noch nicht gezündet. Dann stoppt im Frühjahr 2020 der 1. Lockdown die Projektdurchführung vorzeitig. Damit das nicht noch einmal passiert, beschloss das Projektteam eine ganz und gar digitale Durchführung. So kam es, dass alle Projektpartner aus Schule, Unternehmen, Kommune und Medienpädagogik erstmals beim Abschluss persönlich zusammentrafen. „Das hätten sich die Bildungspartner, die inzwischen sehr vertraut zusammenarbeiten, bis vor kurzem auch nicht vorstellen können“ berichtet Dr. Susanne Felger. Sie initiierte und unterstützt das Projekt seitens des Koordinierungsbüros Übergang Schule-Beruf der Stadt Weinheim und freut sich darüber, dass das Projektkonzept vor wenigen Wochen sogar beim Schulwettbewerb „Bildungspartnerschaft digital“ landesweit ausgezeichnet wurde.

Eigentlich waren mehrere Besuche im Freudenberg-Bildungszentrum und persönliche Gespräche vor Ort geplant; dann kam es anders. Die Gespräche und Recherchen bei Freudenberg und große Teile des Unterrichts fanden online statt.

Was die preisgekrönte 9a der Friedrich Realschule mit ihrer Lehrerin Katja Zimmer dann in der Turnhalle präsentierte, war eine Crossmediale Multimedia-Präsentation und ein selbst erstelltes Medienprodukt. Beide sind selbst Ergebnis des digitalen Wandels des Lernens: Veränderungen am Arbeitsplatz werden dokumentiert und analysiert, unter anderem mit Online-Interviews und Videoclips über digitale Einflüsse auf das Berufsleben am Beispiel des Unternehmens Freudenberg. Der Blick auf 170 Jahre Unternehmensgeschichte, wie die persönlichen Erfahrungsberichte von Azubis und Fachkräften zeigen deutlich den teils rasanten Wandel. Produkte, Produktionsweisen und berufliche Kompetenzen haben sich immer wieder verändert: „Vom ersten Simmering zur Industrie 4.0“, so der Titel des Medienprodukts der Schülerinnen und Schüler, das im Internet angesehen werden kann: 
https://arbeitswelt.pageflow.io/arbeitswelt-im-wandel-freudenberg

„Das Projekt“, beschrieb Schulleiter Daniel Besier, „ist selbst zu einem digitalen Projekt avanciert, nachdem Corona die persönliche Begegnung fast unmöglich gemacht hat“. Passenderweise wurde die Abschlussveranstaltung dann als hybride Veranstaltung auch gestreamt und erreichte rund 50 Gäste. Medientechnisch wird die Schule, nicht nur im Projekt, von den Weinheimer Jugendmedien um Sven Holland unterstützt.

Nicht nur in der Arbeitswelt finde ein Wandel statt, betonte Besier, sondern auch Bildung unterliege einer stringenten Veränderung. Schule müsse einerseits Tugenden bewahren, aber gleichermaßen Visionen haben, um den Anschluss nicht zu verlieren. Der Schulleiter beschrieb: „Wir bilden derzeit Lernende für Arbeitsplätze aus, die noch nicht existieren. Unsere Schüler von heute werden Technologien einsetzen müssen, die noch nicht erfunden wurden und sie werden Probleme lösen müssen, die es noch nicht gibt.“ Erforderlich seien daher an den Schulen flexible Leitlinien, die „unsere Lernenden darauf vorbereiten, in einer nicht vorhersagbaren Arbeitswelt vielseitig und wandlungsfähig zu sein“. Schule müsse also die universellen positiven Ziele in den Blick nehmen: Persönliche Kompetenzen, Sachverstand, Schlüsselqualifikationen. Der Schulleiter: „Bildung muss sich anpassen um mitzuhalten.“

Wilhelm Schüttler und Dr. Rainer Kuntz bekräftigten im Namen des Unternehmens Freudenberg das große Interesse an der Bildungspartnerschaft mit der Friedrich Realschule. Das Unternehmen sei sehr froh darüber, dass es in Weinheim – auch unterstützt vom „Weinheimer Bündnis Ausbildung“ – eine funktionierende Kooperation zwischen Schulen und Betrieben gibt. Das helfe, die Schülerinnen und Schüler, „auf die Veränderungen der Arbeitswelt einzustellen“, erklärt Kuntz. Die Schulkooperation sei ein wichtiger Baustein des Unternehmens, die Gewinnung von Auszubildenden „eine Herzensangelegenheit“.

Schulleiter Besier hatte zuvor in der Halle, aber auch online zugeschaltet, prominente Zuhörer begrüßt, wie Schulamtsdirektor Endrik Ebel, Alexander Bier im Stuttgarter Kultusministerium und Oberbürgermeister Manuel Just.

Das online durchgeführte Projekt sei eindrucksvoll, betonte der Oberbürgermeister. Aber rein digitale Kooperation stoße auch an Grenzen. Es fehlte die Begegnung, das Zwischenmenschlich und teils die Zwischentöne. Auch ein Eindruck von der Arbeitswelt „mit allen Sinnen“ könne digital nur schwer vermittelt werden, so der OB. Deshalb habe er große Hochachtung vor dem Mut des Projektteams, die Arbeitswelterkundung ganz online umzusetzen. Vor allem den Schülerinnen und Schülern dankte er: „Ihr habt euch darauf eingelassen, habt euch durchgebissen, habt viel gearbeitet, habt den Mut nicht verloren. Ihr habt euch im Home Schooling wie im Online-Projekt organisiert und engagiert – damit habt ihr Kompetenzen gezeigt, die in der Arbeitswelt von heute und morgen essenziell sind. Dafür, und nicht nur für das Projektergebnis, habt Ihr unsere ganze Anerkennung verdient“, so Manuel Just.

Der Link zur digitalen Projektpräsentation lautet: http://arbeitswelt2021.frsweinheim.de/

(Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 22. Juli 2021)