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Vor knapp 20 Jahren wurde in ganz Deutschland das Abitur nach 12 Jahren, im folgenden G8 genannt, eingeführt. Nach den vier Jahren Grundschule, folgten dann acht Jahre Gymnasium. So hatte man schon nach 12 Jahren Schule seine Allgemeine Hochschulreife und nicht erst nach 13.

Seit 2010 kehrten einige Bundesländer teilweise sogar komplett (wie Rheinland-Pfalz) zu dem vorherigen G9 Modell zurück. Es wurden viele verschiedene Meinungen sichtbar, in den Bundesländern wie Sachsen und Thüringen können die Lehrer und die Schüler jedoch keinen Leistungsabfall erkennen. Das wird auch am vergleichbar leichten Abitur dieser Bundesländer liegen.

Ich wurde 2003 eingeschult, habe die Grundschule vier Jahre regulär besucht und bin dann aufgrund meiner guten Noten aufs Gymnasium gekommen. Man hat mich auf diese Schule gesteckt, weil sie nah zu meinem Wohnort lag und gut mit Bus und Fahrrad zu erreichbar ist. Als ich 2007 auf die Schule kam, hatten die ersten G8 Jahrgänge schon angefangen, aber gleichzeitig gab es auch noch Schüler, die im G9er Zweig waren.

2012 trat dann der erste Doppeljahrgang das Abitur an und es wurden Stimmen der Universitäten und Hochschulen laut, dass sie nicht genug Platz haben werden, denn der Jahrgang 2011/2012 war doppelt so groß wie sonst.

Am Anfang meiner Gymnasialzeit war noch alles einfach, nicht stressig. Aber ab der 7. oder 8.Klasse wurde mir der Druck vermehrt bewusst. Alles in 12 Jahren lernen anstatt vorher in 13 Jahren kam mir schon sehr gewagt vor. Die Wochenstunden vermehrten sich, Schule bis halb vier, kurz nach fünf wurde Alltag. Zeit für Hobbies oder Freizeitaktivitäten war nicht mehr, denn die Zeit hat man meistens mit Hausaufgaben oder lernen verbracht. Kurz vor Weihnachten und kurz vor den Sommerferien war es besonders schlimm. Der Klassenarbeitsplan wurde vollgestopft mit teilweise bis zu drei Arbeiten in einer Woche.

Viele blieben sitzen, der Stoff war zu viel für sie. Die Zeit, die sie also eigentlich gespart hätten, haben sie dann trotzdem abgesessen. Nicht ihr Fehler, denn sie können ja nichts dafür, dass sie dem Druck nicht gewachsen sind, oder einfach nicht so viel, so schnell lernen können.

Die Regierung, und vor allem das Kultusministerium haben anfangs beteuert, dass es keine Straffung des Lernplans geben wird. Jedoch kam der Nationalsozialismus in der Oberstufe zu kurz, wurde lediglich im vierstündigen Geschichtskurs detaillierter behandelt. Auch wurden manche Themen als unwichtig eingestuft, dementsprechend gar nicht behandelt und spätestens im Abitur ist man dann auf die Schnauze gefallen.

Als ich hörte, warum das G8 Modell eingeführt wurde, konnte ich nur lautstark lachen. Die Regierung wollte, dass Schulabgänger früher in die Universitäten oder Unternehmen kommen und eine Ausbildung machen, und somit auch schneller für den Arbeitsmarkt verfügbar sind. Dies war zwar nur einer der Gründe, ein anderer war die in Deutschland vergleichbar lange Schulzeit. Deutschland wollte den “Standards” entsprechen.
Wenn ich mir jedoch anschaue, wie viele meiner ehemaligen Mitschülerinnen und Mitschülern nach ihrem Abitur ins Ausland gegangen sind, weil sie nicht nach dem ganzen Stress schon wieder in Stress verfallen wollten. Oder weil sie einfach gesagt haben, dass sie ja so jung Abitur gemacht haben, und sie sich so die Zeit ruhig nehmen können.

Hier wird klar, dass sich die Regierung einen Strich durch die Rechnung gemacht hat und so etwas nicht bedacht hat. Die vielen Arbeitskräfte, die sie sich durch G8 erhofft haben, reisen erst einmal durch die Welt, versuchen sich selbst zu finden und Geld zu verdienen.

Diese Selbstfindung ist wichtig, man möchte ja wenn man anfängt eine Ausbildung oder ein Studium zu machen, dass man das Richtige gewählt hat. Die Reife, die man in dem zusätzlichen Jahr in der Schule erlangt hätte, ist außerdem wichtig für den weiteren Verlauf des Lebens.

Es sind mehr Studienabbrecher zu verzeichnen, weil ihnen ein Jahr in der Auswahl oder Information fehlt und sie sich somit voreilig entschlossen haben und abbrechen. So kann es vorkommen, dass man erstmal zwei bis drei Studiengänge anfängt, bevor man seinen “Wunschstudiengang” gefunden hat.

Beitrag: Kira Schmidberger