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Wer frisst wen? Darum geht es, könnte man meinen, auf einem großformatigen Gemälde, das noch bis Ende Mai an einer Wand des Café Moja des Weinheimer Stadtjugendrings hängt, der Kontaktstelle der Mobilen Jugendarbeit. Die Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten des Café Moja zu sehen, bei Bedarf ist jederzeit ein Gespräch mit dem jungen Künstler möglich.

Eine geisterhaft wirkende Gestalt rammt einer Figur, die hilflos am Boden kauert, eine Gabel in den Kopf. Fressen und gefressen werden – für Leo Kern, einen jungen
Weinheimer Künstler – steht diese zerstörerische Geste für eine Globalisierung, die auf Unterdrückung aufbaut. Da gibt es Menschen, die sind bedauerliche Wesen. Die Bilder zerbrechen einem den Kopf; leicht macht es
der junge Künstler dem Betrachter jedenfalls nicht.

Es sind die Bilder einer schonungslosen Analyse der Weltgesellschaft, die der 20-jährige Weinheimer malt.

Vieles ist angerissen und nicht ganz zu Ende gedacht,
aber darauf kommt es ihm gar nicht an. Das Angefangene ist die Botschaft. Die
Gedanken sind frei. „Ich habe den Perfektionismus für mich abgeschafft. Das macht
schlaflos, rastlos“, beschreibt er es. Malen löst die Probleme nicht, aber es kann
Bewusstsein für sie schaffen.

Seit einigen Tagen stellt Leo Kern seine Bilder im Café Moja aus, dort wo die Jugend
politisch werden soll. Politisch im Sinne von kritisch und selbstständig. Daher passt
diese Ausstellung gut ins Konzept des Stadtjugendring Weinheim, wie
Geschäftsführer Martin Wetzel jetzt bei der Eröffnung betonte.

Es ist die zweite Ausstellung im „Moja“; auch die erste war politisch: sie zeigte Fotos
von Kindern in Flüchtlingslagern. Die Themen sind verwandt. Auch Leo Kerns Bilder
handeln von der Frage, warum es Unterdrückte und Flüchtende geben muss.
„Politische Bildung fängt mit den richtigen Fragen an“, beschrieb es Martin Wetzel,
der bei der Eröffnung die Bilder mit dem jungen Künstler besprach. Es geht um
Kapitalismus und Fatalismus, wenn Leo Kern auf der Leinwand eine gebärende Frau
zeigt, deren Kind noch an der Nabelschnur hängt – abgenabelt ist sein Schicksal ungewiss. Es ist von seiner Herkunft und dem Ort der Geburt abhängig, ob es
einmal gebildet und reich sein kann oder hungern muss.
Mit 20 Jahren hat sich der junge Weinheimer ein Herz gefasst und stellt seine Bilder
erstmals aus. Schubladen meidet er: „Jeder Strich auf dem Bild hat seinen Sinn und
gehört dorthin“, sagt er, „auch wenn etwas nicht so auf der Leinwand landet, wie es
geplant war, macht es doch das Bild aus“. Und: „Die Bilder sehen eigentlich nie so
aus, wie ich sie mir im Kopf vorgestellt habe.“ Und er hat noch viel im Kopf.
Bei der Ausstellungseröffnung war das Interesse schon rege. „Das passt gut hierher“,
freut sich Martin Wetzel.

Pressemitteilung der Stadt Weinheim